Das ist ein Experiment.
Das sind meine Gedanken.
Das ist ungefiltert.
Menschen. Zorn. Wut. Hass. Frust.
All diese Gefühle oder vielmehr Zustände sind wir nur allzu sehr von unseren Mitmenschen gewohnt. Bestimmte Handlungen erzeugen bei anderen bestimmten Frust - bestimmte Wut - bestimmte Missgunst. Wir wissen es schon vorher und hoffen dennoch immer wieder auf ein verständnisvolles Gegenüber und auf identische Werte- und Moralvorstellungen, wie wir sie in uns selber tragen. Doch immer wieder bestätigen uns diverse Ausnahmen, wie naiv dieser Gedanke ist und wie weit, ja unendlich weit und fernab einige von einem reflektierten und in sich ruhenden Leben existieren. Es passiert immer auf die gleiche Weise: Kleine Ansammlungen von Unzufriedenheit und Ärger aus dem täglichen Leben sammeln sich und blasen eine innere Energie auf, welche die meisten nicht rechtzeitig verdampfen lassen oder reflektieren. Und dann suchen Sie: Einen Verantwortlichen, ein Ventil, einen Auslass. Sobald sie diese finden, und wenn auch in der kleinsten und unwichtigsten Situation die man sich nur vorstellen kann, dann tun sie es! Sie sehen Rot. Alle Gefühle stehen auf extrem und der kleine Typ in unserem Kopf, wie es Pixar so elegant im Film „Alles steht Kopf“ zu beschreiben weiß, brennt unsere gesamte moralische und ethische Steuerzentrale nieder und bringt alles zum explodieren. Wir wollen Recht, wir wollen gewinnen, wir wollen loslassen, wir wollen mit allem um uns werfen, wir lassen uns, wie man so schön sagt: auf die Palme bringen. Oder, um es umgedreht zu formulieren:
Climbing Palm Trees.
09.10.2019
climbing palm trees
anger is a reaction, not a habit
- mindfullness
- thinking
- meditation
- calm
- philosophy
lesezeit:
8
Der Mensch lässt sich in unserer hektischen und rastlosen Zeit nur allzu gern auf die Palme bringen. Wie Zündschnuren laufen wir durch unsere Welt und jeder zweite Moment, dem wir begegnen, kann sie auslösen und alles niederbrennen. Wir selbst lassen es zu, dass sich in uns so viel anstauen kann, dass wir regelmäßig kurz vorm explodieren sind. Wir tragen die Unzufriedenheiten und Ungerechtigkeiten unserer Empfindungen in unseren Alltag und erlauben ihnen uns zu beherrschen.
Wir potenzieren unseren eigenen Ärger ins unermessliche und lassen dies durch ganz einfache und kleine Situationen zu. Plötzlich sind alle gegen uns, die ganze Welt will unser Übel und alles geht schief. Wir möchten ausrasten, schreien, auseinandergehen - banalste Momente und Dinge können der Auslöser sein. Die lange Schlange im Supermarkt, jede weitere rote Ampel, unfähige Verkehrsteilnehmer, das Wetter, die Meinung anderer.
Solche, die sich ihrer eigenen Wut und Unzufriedenheiten nicht entziehen können, sind unfähig Situationen und die Augenblicke ihres Frusts zu pausieren, aus sich rauszugehen und den Moment aus neutraler Perspektive von außen zu betrachten.
Dazu muss man nicht stundenlang innerhalb dieser Situation von außen reflektieren und nachdenken was gerade passiert, sondern mit nur ein wenig Übung ist es jedem möglich Situationen, die darin entstehenden eigenen Gefühle innerhalb von Sekundenbruchteilen zu beurteilen und das eigene Handeln dementsprechend zu verändern.
Gelingt einem dies immer öfter, so wird eines sehr schnell glasklar - egal in welcher zuvor beschriebenen Situation wir uns gerade befinden: Der rein faktische Moment der gerade abläuft könnte in seiner Realität und Zusammensetzung nicht gewöhnlicher sein. Jede Ampel ist an diesem einen Tag genauso oft rot wie an jedem anderen. Jede Schlange im Supermarkt ist an all den anderen Tagen zu ähnlichen Zeiten genauso lang. Jeder Verkehrsteilnehmer könnte zu jeder Zeit wider unserer sämtlichen Prinzipen handeln.
Wir manifestieren unseren Frust in genau diesen Kleinigkeiten. Wir transformieren die Ursache, den Grund in was auch immer uns gerade passt: eine rote Ampel, einen Service-Mitarbeiter, einen Gegenstand. Egal.
Dabei sind hier zwei Dinge wichtig.
Zum Einen können all diese Momente und kleinen Begegnungen an anderen Tagen auf ganz entzückende Art und Weise etwas ganz wunderbares sein. Jede rote Ampel bedeutet wir haben bis zu unserem Ziel noch mehr Zeit unseren Lieblingssong zu hören und wippen lächelnd mit lautem Gesang auf unserem Sitz hin und her. Jede längere Schlange an der Kasse heißt, wir können unseren Podcast noch weiter hören oder noch ein paar E-Mails und Nachrichten durchgehen. Jeder Fehler anderer Fahrer verschafft uns die Möglichkeit vorausschauend zu handeln und mit freundlichem Nicken einen Moment zu verhindern, der die Stimmung beider Beteiligten zum beben hätte bringen können. Mit wohlwollendem Respekt wissen beide um den Wert dieses Moments und fahren zufrieden weiter.
Wundersam daran ist, dass die Realität, der Moment und die eigentliche Situation immer die gleiche bleibt. All diese Stränge passieren jeden Tag und werden stets von irgendwem, irgendwo gegangen. Das einzige was sich ändert ist unsere Wahrnehmung: Denn diese verschiebt sich hier eine für uns unangenehme Richtung. Eine Richtung des Zeitmangels. Eine Richtung der Reue. Eine Richtung der verspäteten Erkenntnis oder der reinen Negativität. So lassen wir zu, dass uns ein und der selbe Moment an einem Tag zu breit grinsenden und strahlenden Gesichtern verhilft und uns an einem anderen wiederum in den trostlosesten Abgrund fallen lässt.
Zum Zweiten ist eines hier das allerwichtigste - Das lässt sich auf endlos viele Eigenheiten im Leben übertragen und solche, die dies verstanden haben, bilden leider momentan noch die Minderheit. Die Manifestation unseres Ärgers in andere Menschen, Dinglichkeiten oder Momente könnte eine menschlichere und gewöhnlichere Handlung nicht sein. Wir verschieben die Verantwortung und verpassen es zu erkennen was die wahre Ursache und der wahre Grund für diese frustrierende Situation sind, in der wir uns dann befinden.
Wir selbst…!
Wir sind die, die es zulassen das es soweit kommt. Wir packen unseren emotionalen Speicher mit so viel negativen und zehrenden Paketen voll, bis er schließlich randvoll ist. Solange wir unser ganz persönliches Ventil diesen Speicher wieder zu reinigen und aufzuräumen noch nicht gefunden haben, verlassen wir damit jeden morgen das Haus und sind völlig überfordert und verwirrt in herausfordernden oder schwierigen Situationen. Und was passiert, wenn wir in solche geraten und nicht wissen, was zu tun ist weil unser emotionaler Speicher schon so überlastetet ist, dass wir gar nicht fähig sind, die Situation korrekt zu beurteilen? Richtig - Wir fühlen uns in die Ecke gedrängt - Wir rasten aus und wir, ja wir gehen vollkommen auf die Palme…
Und dann gibt es solche, die all das in Sekundenschnelle in nahezu jeder Situation blicken und mit reflektiertem Geist dem Moment begegnen. Diese Menschen gehen nicht den ganzen schwermütigen Weg mit auf die Palme und schmeißen von dort wie wild gewordenen Affen mit Kokosnüssen um sich. Nein, diese stehen fest verankert und geschützt unten am Boden. Haben die Situation im Blick, ihre Impulse im Griff und sind fähig zu überzeugen, aufzuzeigen und die Menschen wieder runterzuholen. Auf den Boden, den Grund, die Festigkeit in Herz und Seele.
Man kann einen Menschen nichts lehren. Man kann ihm nur helfen, es in sich selbst zu finden.
GALILEO GALILEIDiese Menschen können jeden Moment akzeptieren wie er ist. Erkennen, was sie ändern können und was nicht und wenn es nichts zu ändern gibt - dann lassen sie diesen einfach geschehen. Weil sie wissen. Sie wissen, das sie und nur sie allein der Grund sind, warum sie nun in der Situation stecken in welcher sie eben sind. Eine große Akzeptanz und Erkenntnis macht sich breit. Man stellt fest, man hat sich selbst genau hierhin geführt und es ist nicht so wie erhofft, nicht so wie erwünscht - auch hier kann Frust, Wut und Ärger entstehen, aber akzeptiert man den Moment, akzeptiert man, dass die Wichtigkeit dieses Augenblicks auf dem gesamten Pfad unserer Lebensreise nur eine Verschnaufpause ist, so erkennt man schnell wie sinnlos es ist, hier auch nur eine Quentchen Frust und Ärger reinzustecken und kann sich zum Beispiel denken „Oh – seltsam. Ich hätte nicht gedacht mich durch mein eigenes Handeln hier wiederzufinden – Ich lerne für das nächste mal.“
Reflektieren. Lernen. Erkennen. All das kann und sollte passieren, anstatt sich der blinden Wut hinzugeben. Erkennen, das die Situation, ein Moment, dessen Ausgang vermutlich abzusehen ist und dessen Auswirkung verschwindend gering bleibt. Reflektieren, dass der Ärger Anderer nahezu immer selbstgemachte Probleme darstellt und wir nur genau in diesem Moment das richtige Ventil sind - Da liegt es an uns zu wissen, wie lange wir als solches dienen wollen oder vielmehr können.
Ich ganz persönlich habe Schlüsselmomente in meinem Leben gehabt, die mich genau das gelehrt haben: Begegnen dir andere Menschen mit Frust und Ärger und versuchen es auf dich zu übertragen, so tue das Folgende:
Lasse nicht zu, dass dieser Ärger auf dich übertragen wird. Lasse nicht zu, dass du mit auf diese endlos hohe Palme kletterst auf die sich der andere gerade befindet. Erkenne, dass es das Problem, die Sorge deines Gegenüber ist, die ihm zu schaffen macht und eben nicht deine. Erkenne wie weit du helfen kannst, diesen Frust zu lösen und geh auch nur so weit wie du diese Hilfe aktiv anbieten kannst. Hilf ihm von der Palme herunter, aber nur solange du kannst und du dich selbst nicht in Gefahr oder Ärger bringst. Kennst du das Ende solcher Situationen, erkennst du wie viel Zeit du vertun würdest, hier Frust oder Ärger in dir aufsteigen zu lassen. Wisse dies, freue dich darüber und trage das in dein Lächeln welches du den ganzen Tag aufrecht erhalten kannst wenn du nur willst.
Ein Frage zum Nachdenken: Wenn wir morgens das Haus verlassen, haben wir zumeist auf folgende Dinge geachtet: Passendes Outfit für den Tag, übliche Hygieneabhandlungen, kurzes Frühstück, alle Dokumente, Gadgets etc. – Und auf gehts in den Alltag. Aber halt, etwas elementares wurde vergessen: Du bist zu spät aufgestanden, keine Zeit für Kaffee und Genuss in ruhigen Momenten, das Outfit von gestern aus Zeitmangel angezogen und die vielen Termine im Handykalender überwältigen dich. Du gehst mit Stress und 1000 Gedanken am Morgen aus dem Haus und hast schon bevor der Tag überhaupt richtig startet das Gefühl, nichts geschafft zu haben und nicht im Ansatz genug Zeit für all die To-Do’s zu haben, die du heute auf dem Plan hast? Dann hast du etwas vergessen, was leider viele vergessen.
Wir kümmern uns jeden morgen um unser Äußeres: Haare, Haut, Kleidung. Um unsere Familie und die erste Aufgaben im Job aber warum vergessen wir jeden morgen das wichtigste, lassen uns im Teufelskreis der Negativität fangen und brechen ihn nicht auf?
Warum hegen und pflegen wir jeden Tag all diese Dinge, aber vergessen dabei unseren wichtigsten Besitz: Unsere Seele?